Digitaler Workflow für Doppelkronen Step by Step mit ZTM Andreas Gartner

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In diesem Beitrag wird die Doppelkronentechnik auf Basis des taktilen Scanverfahrens beschrieben. Dabei geht es vor allem um den digitalen Workflow im Labor. Vereint werden die Vorteile beider Erfassungsmethoden, optisch und taktil. Der Modellscan erfolgt mit dem optischen Scan, die Primärkrone wird mit dem taktilen Scanner erfasst und die Ergebnisse werden in einer CAD-Software zu einer einzigen digitalen Oberfläche verschmolzen. Beschrieben wird die CAD/CAM-gestützte Konstruktion und Fertigung eines Sekundärgerüstes für den Unterkiefer mit besonderem Augenmerk auf das taktile Scanverfahren. Die Vorteile werden sowohl aus Sicht des Labors als auch der Zahnarztpraxis aufgezeigt.

NEM-Doppelkronen mit dem Tizian CAD/CAM-System von Schütz Dental

Andreas Gartner

Die Doppelkronentechnik prägt seit Jahrzehnten die zahnärztliche Prothetik in Deutschland. Weltweit ist die „German crown“ bekannt, vor allem mit ihren Vorzügen der guten Passung bei Teleskop- und Konuskronen. Trotz der immer noch zunehmenden Anzahl von implantatgetragenen Versorgungen, setzen Zahnärzte und Zahntechniker weiter auf die praktische Anwendung mit teleskopgetragener Prothetik. Wurde früher die Galvanotechnologie als Non-Plus-Ultra eingesetzt, ist diese Technik durch die Preissteigerung im Edelmetallbereich vermehrt ins Abseits geraten. Heute setzen viele Anwender auf NEM als Werkstoff, nicht nur aufgrund des niedrigeren Preises, auch die Materialvorteile überzeugen den Patienten, Zahnarzt und Zahntechniker. CAD/CAM-gefertigte NEM-Teleskope zeichnen sich durch ihre gute gleitende Friktion aus. Aufeinander abgestimmte digitale Prozesse ermöglichen die Herstellung von Teleskopen mit einer Wandstärke von 0,3 Millimetern bei den Primärkronen. Bei den Sekundärkronen konstruiert der Autor im lingualen bzw. palatinalen Bereich mindestens 0,6 Millimeter und im vestibulären Bereich maximal 0,3 Millimeter. So ist bei hoher Stabilität gleichzeitig ausreichend Platz für die ästhetische Gestaltung vorhanden. Dank seiner Stabilität bietet Nichtedelmetall den Vorteil bügelfreier und graziler Gestaltung.

Taktiles Scanverfahren

In der Teleskoptechnik sind hohe Präzision und Passgenauigkeit gefragt. Spiegelnde Oberflächen können im optischen Scanverfahren nur schlecht und meistens sehr ungenau erfasst werden. Hier muss die Teleskopoberfläche mit Scan-Spray mattiert werden und somit kann die gewünschte Genauigkeit nicht erzielt werden. Im Vergleich dazu bietet der berührungslose taktile Scan Bilder mit einer Verzerrung von nur 0 bis 5 μm. Damit ist eine gute Passung der Teleskope erreichbar. Taktil gescannt wird mit dem Scanner DS10 (Renishaw; Vertrieb durch Schütz Dental, Rosbach). Das patentierte direkte taktile Abtastverfahren gibt die Oberfläche der Teleskope wieder, welche mit dem Meistermodell zusammengeführt werden kann. Das Ergebnis ist eine gute Passung, Friktion und Position für die Arbeiten an den Primär- und Sekundärteilen. Die mitgelieferte Tizian Creativ RT Software auf Basis von exocad (Exocad, Darmstadt) deckt eine Vielzahl von Indikationen ab, ist nach einer Schulung intuitiv anwendbar und für Neueinsteiger in die CAD/CAM-Technologie einfach erlernbar. In der CAD-Software werden die erfassten Scandaten aus dem optischen sowie taktilen Scan zusammengefasst, im sogenannten Matching. Eine schnellere Erfassung bei guter Präzision ist damit möglich, auch im Hinblick auf die Position der einzelnen Primärkronen zueinander. Der Scan mit direkter Abtastung von Primärtele skopen liefert somit die Grundlage für eine bestmögliche Friktion und Passung. Die Software wird in den kompletten digitalen Workflow mit offenen Schnittstellen integriert und ermöglicht zusammen mit dem optischen Scanner Tizian Smart Scan Plus die Kombination zu einem gemeinsamen CAD-System.

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Demoarbeit

Um Zahnärzte von den präzisen Ergebnissen mit dem taktilen Scanverfahren zu überzeugen, wurde im Labor eine Demoarbeit hergestellt, die als Marketingtool in der Zahnarztpraxis gezeigt wird. Grundlage dafür war die Versorgung eines Unterkiefers mit NEMPrimärkronen (Tizian NEM Blank) auf den Zähnen 43 bis 45 und 47, sowie 33, 34 bis 36. Erstellt wurden zwei NEM-Sekundärkonstruktionen, die mit einer Modellgussretention im Frontzahnbereich mittels Laser verschweißt wurden (Abb. 1 und 2).

Der Auftrag wird in der Tizian Creativ RT CAD-Modellationssoftware angelegt. Es folgt die Erstellung eines Übersichtsscans mit dem optischen Scanner (Abb. 3 bis 19).

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Abb. 3: Präparationssituation mit Situationsscan überlagert. 

Abb. 4: Matchen des Einzelstumpfes in den Übersichtsscan. In blau dargestellt der Einzelscan. Rechts sichtbar der Übersichtsscan und unten die gematchten Daten.

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 Abb. 5: Festlegen der Präparationsgrenze.

Abb. 6: Festlegen der Einschubrichtung, hier die Sicht von okklusal.

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Abb. 7 Während der Konstruktion der Primärkronen (links Zahn 45 und rechts Zahn 43). Die konstruierten Primärkronen sind vom
Situationsscan überlagert. In dunkelgrün erkennbar die Durchdringung aus bukkaler Sicht. Die linke Krone ist bereits freigestellt. Die rechte Krone befindet sich noch im Konstruktionsmodus.

Abb. 8: Die fertig konstruierten Primärkronen.

Abb. 9: Genestete Primärkronen. Die Daten der Primärkonstruktion werden an die CAM-Fräsmaschine geschickt.

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Abb. 10: In NEM ausgefrästes Primärteil.

Abb. 11: Stumpf in ausgefräster Krone, aufgelegt im Rohling.

Abb. 12: Gefräste Primärteile, aufgepasst auf dem Meistermodell.

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Abb. 13: Herstellen des Frässtumpfes nach Ansetzen der Übertragungsstifte.

Abb. 14: Taktiler Übersichtsscan, um die Position der einzelnen Primärteile zueinander abzuscannen. Dazu erfasst die Tastnadel des taktilen Scanners das okklusale Drittel.

Abb. 15: Taktiler Einzelscan.

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Abb. 16: Taktiler Übersichtsscan in der Entstehungsphase. Der weiße Punkt zeigt die Position der Tastnadel.

Abb. 17: Vollanatomische Ausgangsbasis derSekundärkonstruktion.

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Abb. 18: Gerüstkonstruktion zur Kontrolle mit der Vollanatomie überlagert.

Abb. 19: Fertiggestellte Sekundärkonstruktion mit zwei Zapfen an den Zähnen 33 und 43 für das spätere Verschweißen von Modellgussretentionen.

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Abb. 20: Fertig gefräste Sekundärkonstruktion in der Maschine.

Abb. 21: Prüfen der Passung der Sekundärkonstruktion im Fräsrohling, noch eingespannt in der Fräsmaschine.

Speziell ist in diesem Fall ist das Anbringen von Schweißansätzen für die Modellgussretention im Frontzahnbereich (Abb. 20 bis 24). In der Software wird die Option „Scan taktil Plus“ für den taktilen Scan ausgewählt, die vorgegebenen Parameter können individuell geändert werden. Der Zeitaufwand beträgt ca. 1,5 Minuten pro Primärteil. Die Daten aus dem optischen Scan werden nun mit den taktilen Scandaten gematcht. Im Anschluss werden die Präparationsgrenze sowie die Einschubrichtung festgelegt. Dabei ist die Ausrichtung der Parallelität entscheidend für die spätere Passung. Speziell in diesem Fall wurden an den beiden Sekundärkonstruktionen Zapfen angelegt, die später mit Modellgussretentionen lasergeschweißt wurden. Nachdem die Sekundärkonstruktion ausgearbeitet war, wurde die Arbeit mit Vita Excell-Kunststoffzähnen (Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen) auf Basis der Modellgussretention im Bereich 32 bis 42 versehen. Die Zähne wurden labial individualisiert. Die Verblendung der Konstruktion erfolgte mit Vita VM LC. Die Frontzahn-Sättel wurden unterfütterbar
gestaltet.

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Abb. 22: Fertige Unterkieferarbeit mit NEM-Primärkronen auf den Zähnen 43 – 45 und 47, sowie 33 und 34 – 36. Die beiden NEM-Sekundärkonstruktionen wurden mit einer Modellgussretention im Frontzahnbereich mittels Laser verschweißt.

Fazit

Die Arbeit zeigt eine 100 % nachvollziehbare sowie reproduzierbare Präzision. Entscheidend für das Ergebnis sind der Matchingprozess sowie das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten: optischer Scanner, taktiler Scanner, CAD-Software, CAM-Software und darauf abgestimmte Frässtrategien. Die Software ist anwenderfreundlich gestaltet und zeichnet sich durch eine intuitive Bedienbarkeit aus. Einfache und komplexe Konstruktionen sind durch die vorgegebenen Parameter und Werte schnell durchführbar. Die CAM-Software ICAM V5 (imes-icore, Eiterfeld, Vertrieb durch Schütz Dental) lässt innerhalb der Frässtrategie einzelne individuelle Einzelpassungen zu, die eine präzise Gesamtpassung gewährleisten. Um konstant gute Fräsergebnisse zu erhalten, wird die Maschine regelmäßige kalibriert, weiterhin kommen nur neuwertige Fräser zum Einsatz. Nach vorsichtiger Politur der Innenwandungen wird wie üblich ausgearbeitet, somit entstehen die passgenauen Teleskop arbeiten. Aus Sicht des Autors ist dies nur realisierbar mit der Inhouse-Fertigung mit einem offenen CAD/CAM-System, dessen Komponenten variabel sind und so optimal aufeinander abgestimmt werden können.

Erschienen in der Quintessenz Zahntech 2018;44(4):526–532

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